Freundschaft....
Wenn die Gedanken, die täglich darum kreisten, wie lange man das Elend noch ertragen kann, abgelöst werden von Gedanken, warum man plötzlich so glücklich ist, dass man selbst Angst bekommt, dann sucht man nach einer Erklärung. Und eins ist sicher, wenn man die Antwort nicht selber findet, muss man denjenigen Fragen der daran beteiligt ist.
Aber in den meisten Fällen wird auch derjenige keine Antwort parat haben, zumindest keine die man hören möchte.
Ein Psychoanalytiker könnte sicher genau das erreichen, aber deswegen zum Seelenklempner hatschen? Nö! Der hat sicher wichtigerer Patienten die es nötiger haben, auch wenn mal selbst zu dieser Klientel gehörte und sich weigerte behandeln zu lassen. Gerade wenn der letzte Versuch, sich doch therapieren zu lassen, damit endete, dass man um die Ohren gepfeffert bekam, man wäre zu Komplex, zu Verworren und schwierig. Wie soll man nicht „schwierig“ werden, wenn man Dinge unterstellt bekommt die einfach so nicht stimmen, und dann noch die Frechheit besitz, jemanden der einen Hörsaal von innen gesehen hat, zu sagen das er im Unrecht ist? In zwischen bin ich sogar so dreist, einem Mediziner ganz unverhohlen ins Gesicht zu klatschen, nur weil er „studiert“, und mal in einem Buch über die Thematik gelesen hat, er sicher nicht mehr Ahnung hat wie ich , die nun schon seit knapp 20 Jahren damit lebt! Eher im Gegenteil.
Meine Reaktionen und mein Verhalten erkläre ich immer gerne mit dem Satz: „Wenn ich der Meinung bin ich muss jetzt nackt und schreien durch die Fußgängerzone rennen, weil´s mir danach dann besser geht, dann tu ich das!“ An dieser Stelle werden mich sicher einige als Egomanin bezeichnen, aber warum soll ich auf eine Gesellschaft Rücksicht nehmen die mit dem Finger auf mich zeigt?
Wäre ich als ganz „normales“ Mädchen aufgewachsen, würde ich sicher anders denken, und die alt hergebrachten Werte und Moralvorstellungen auch vertreten, aber da ich das nicht bin, habe ich aus den Zitronen die mir das Leben vor die Füße schmiss, und davon hatte ich weiß Gott eine ziemliche Menge, versucht Limo zu machen. Ob die nun geschmeckt hat ist eine andere Frage.
Wenn man sein Leben dahingehend ausgerichtet hat, dass man für den Moment lebt, dann muss man wissen dass zwischen den Momenten ganz viel Scheiße ist. Diese Erfahrung muss man leider Gottes wirklich selber manchen, man würde es ja eh nicht glauben wollen, auch wenn man davor gewarnt wird.
Jetzt ist man in der Scheiße aber so festgefahren, dass selbst die gelebten Momente nicht mehr ausreichen um da wieder raus zu kommen, geschweige denn weiter voran. Da sitzt man nun, eine Menge Scheiße um einen herum, und alle Jubeljahre mal ne Rolle Klopapier. Da man ja vorankommen möchte denkt man auch nicht im Geringsten darüber nach, ein Stück zurück zu gehen und nach einem anderen weg Ausschau zu halten, man könnte ja seiner Vergangenheit begegnen, und die könnte dann auch noch „Hallo!“ sagen. Mal ehrlich? Wer will schon Smalltalk mit der eigenen Vergangenheit halten. Bekommt man doch immer wieder eingebläut: „Lass die Vergangenheit los, sie behindert Deine Gegenwart, und verhindert Deine Zukunft!“
Erfolgreich steck man immer wieder den Kopf in die Scheiße, frei nach dem Motto „Sehe ich Dich nicht, siehst Du mich auch nicht!“, um ja nicht angesprochen zu werden. Ein sturer Blick nach vorne gerichtet, ist auch ganz hilfreich, um das was hinter einem wuselt gekonnt zu ignorieren.
Was aber, wenn man aus seinem lethargischen monotonen tun, durch ein antippen auf die Schulter, her raus gerissen wird? Die Erfahrung im Laufe der Jahre hat uns gelehrt, wenn wir uns umdrehen sagt da nur jemand „Hallo!“. Also, umdrehen, zuhören, kurz lächeln, weiter machen.
Dramatisch irritierend wird es wenn statt dem „Hallo!“, die in lächeln gehüllte Frage „Wie geht es Dir?“ gestellt wird.
Auf der Stelle tretend, fragt man sich was man nun tun soll. Bis man wirklich begriffen hat, dass man rhetorisch eigentlich nur mit einem „Gut, Danke!“ jegliche Art von Konversation verhindern könnte, steckt man schon mitten drin in seinem Smalltalk. Selbst hinter fragt man, wie es sein kann das der jetzt wissen will wies einem geht, und nicht wie andere einfach nur „Hallo!“ gesagt hat. Um sich diese Frage vielleicht selbst beantworten zu können lässt man sich auf das Gespräch ein.
Die Menge Scheiße um uns beginnt sich in eine blühende Wiese zu verwandeln, und aus allen Richtungen ruft man gemeinsam Erinnerungen zu sich heran, die man gemeinsam analysiert. Einiges löst sich in Luft auf, andere nötigen uns in schallendes Gelächter auszubrechen. Man breitet eine Decke zu einem Picknick aus, lässt sich nieder, und die gemeinsame gelebte Vergangenheit wie einen Fluss an sich vorbei ziehen zulassen.
Unliebsame Erinnerung fängt man an zu belächeln, und während des Lächelns beginnt man zu verstehen. Denn wenn man an die Hand genommen wird, ist der Schritt hinter diese Erinnerung leichter und einfacher zu gehen, als wenn man allein dasteht und davon überzeugt ist, man würde den selben Schmerz durchleben wie beim ersten mal. Dahinter angekommen rechnet man mit einer weiteren unliebsamen Erinnerung von anderen. Man sieht sich aber selbst, und muss sich selbst eingestehen, dass an allem was man erleidet hat nur eine Reaktion des eigenen Handelns war.
Man fühlt wie jemand einem sanft über die Wange streicht, und von der Berührung aus gehend einen eine Zufriedenheit durchströmt. Gewillt die helfende Hand nicht mehr loszulassen, hofft man einen ewigen Begleiter auf seiner weiteren Reise an seiner Seite zu haben, der ebenfalls gewillt ist die eigene Hand nicht mehr loslassen zu wollen.

April 2013